Doppelt bestraft
Das Leben kann ganz schön ungerecht sein. Unser Mitglied Vincent Doux verlor unverschuldet seinen Job. Dann kürzte ihm die Arbeitslosenkasse auch noch die Leistungen. Er wehrte sich.
Der junge Vincent Doux findet nach seinem Studium eine Anstellung als Ingenieur und er geht in seiner Arbeit auf. Er wird sehr geschätzt und seine Leistungsbeurteilungen sind exzellent. Nach vier Jahren an seiner Arbeitsstelle ist er wegen einer Restrukturierung gezwungen, in eine andere Abteilung zu wechseln. Dort wird er nicht mehr geschätzt und von seinem direkten Vorgesetzten gemobbt – was sich negativ auf seine Leistungsbeurteilungen auswirkte. Nachdem er eine Depression erlitten hatte, wurde Vincent Doux mit der Begründung entlassen, seine Leistungen seien ungenügend. Die Arbeitslosenversicherung bestrafte ihn mit Leistungskürzungen, weil er den Verlust der Arbeitsstelle selbst verschuldet habe.
Den Rechtsweg zu beschreiten lohnt sich
In einer solchen Situation müsste man auf dem Rechtsweg auf den Arbeitgeber losgehen und eine Entschädigung für eine missbräuchliche Kündigung verlangen. Dieses Vorgehen ist jedoch für den Angestellten beschwerlich und langwierig. Vincent Doux verzichtete darauf, weil er sich zu schwach und zu wenig von der Depression genesen fühlte. Gleichwohl wäre es nach juristischer Logik notwendig gewesen, gegen den Arbeitgeber vorzugehen und gleichzeitig bei der Arbeitslosenversicherung Rekurs gegen die Sanktion einzulegen. Letzteres, um aufzeigen zu können, dass der Arbeitgeber seine rechtlichen Pflichten verletzte und dass der Entlassungsgrund nicht mit dem Prinzip von Treu und Glauben zu vereinbaren war.
Vincent Doux legte später doch noch Rekurs gegen die ihn sanktionierende Arbeitslosenkasse ein und erklärte die Umstände seiner Entlassung. Die Rekursinstanz verlangte vom Arbeitgeber, nachzuweisen, dass Vincent Doux wegen ungenügender Leistungen entlassen worden war. Dieser konnte die Entlassungsgründe nicht schlüssig erklären. Der Entscheid der Arbeitslosenversicherung, Vincent Doux zu bestrafen, wurde rückgängig gemacht und der Ingenieur kam, wenn auch einige Monate später, in den Genuss der ihm zustehenden Leistungen.
Arbeitslosenkassen sind oft sehr streng
Der Schreibende hat selber erfahren, dass die Arbeitslosenkassen nicht zögern, Arbeitslose zu bestrafen, wenn sie Rechtsverletzungen feststellen. Diese Sanktionen werden oft auf der Grundlage von ersten Informationen erlassen, über welche die Kasse verfügen. Manchmal wird sehr oberflächlich vorgegangen, ohne Rücksicht auf die Erklärungen des Arbeitslosen, der bereits dadurch bestraft ist, dass er die Arbeit verloren hat. Oft kann er darum die Beamten nicht überzeugen, dass er in bestem Glauben gehandelt hat.
Das muss nicht sein. Es gibt Rekursmöglichkeiten, die mit wenigen Formalitäten verbunden sind. Diverse Fälle sind juristisch verhandelt worden, was dazu geführt hat, dass die Arbeitslosenkassen weniger automatisch reagieren. Vincent Doux konnte davon profitieren, auch wenn er nicht gegen den Arbeitgeber vorging.
Dies ist die wahre Geschichte eines Mitglieds der Angestellten Schweiz. Der Verband engagiert sich für seine Mitglieder und vertritt ihre Interessen – wie komplex deren Situation auch sein mag.
Pierre Heger, Rechtsanwalt Angestellte Schweiz