Selbstkündigung - aufgepasst vor den Konsequenzen
Reiner K. arbeitet in der Konstruktionsabteilung einer mittelgrossen Firma. Auf das verschärfte wirtschaftliche Umfeld im Zusammenhang mit dem Eurokurs reagiert die Geschäftsleitung mit verschiedenen Massnahmen: Sie streicht den Gratiskaffee für alle und ordnet präventiv für den Monat August zwangsweise für alle Betriebsferien an. Ausserdem werden die Mitarbeiter ultimativ zum Abbau von Überstunden aufgefordert. Es wird aber auch laut über eine Verlängerung der Arbeitszeit diskutiert.
Reiner empfindet das verschlechterte Betriebsklima als grauenhaft und das Getue wegen der Währungsschwierigkeiten als übertrieben. Er beschliesst deshalb die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, ohne eine neue Stelle zu haben. Er denkt, notfalls könne er ja stempeln, denn er arbeitet bereits über ein Jahr bei diesem Unternehmen und weiss, dass ein Jahr reichen würde, damit er eine neue Rahmenfrist bei der Arbeitslosenkasse und damit das Recht auf Stempelgeld erwirbt.
Reiner schreibt deshalb seinem Vorgesetzten, dass „… er im Rahmen der vertraglichen Kündigungsfrist von zwei Monaten, seinen Arbeitsvertrag kündige“. Sein Vorgesetzter nimmt sein Schreiben mit Achselzucken zur Kenntnis.
Hat Reiner klug gehandelt?
Nein, Reiner hat ohne zwingenden Grund Nachteile auf sich genommen, die ihm in der Folge das Leben auf jeden Fall nicht leichter machen. Zwar stimmt seine Annahme, dass er Anrecht auf Stempelgeld hat. Dies jedoch nur mit empfindlichen Nachteilen: Er muss aufgrund der von ihm selbst eingereichten Kündigung beim Arbeitgeber, bei der Arbeitslosenkasse mit sogenannten Einstelltagen rechnen. In seinem Falle, werden dies mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zu 60 Einstelltage wegen „selbstverschuldeter“ Arbeitslosigkeit sein. Das heisst, dass er möglicherweise drei Monate lang ohne jedes Einkommen bleibt. Der Umstand, dass das Arbeitsklima bei seinem Arbeitgeber sich verschlechtert habe, wird ihm bei dem vorliegenden Umfang nicht zu seiner Entlastung angerechnet.
Ausserdem verliert er durch die Selbstkündigung den Anspruch auf mögliche Sperrfristen gemäss OR 336 c, die sein Arbeitsverhältnis im Falle einer Erkrankung, eines Unfalles oder von anderen anerkannten Gründen bis zu 90 Tagen verlängern würden. Reiner hat sich also mit seiner Kündigung einem unverhältnismässigen Risiko ohne echte Notwendigkeit ausgesetzt. Hinzukommt, dass er auf dem Arbeitsmarkt als ungekündigter Arbeitnehmer attraktiver ist. Reiner hat sehr unklug gehandelt. Vorsicht mit Selbstkündigung!
Christof Burkard, Leiter Rechtsdienst Angestellte Schweiz